Hallo LVF-Gemeinde,
ich glaub', ich werd bekloppt...
Folgendes Problem:
Ich muss ein Rechteck-Signal (genauer: PWM-Signal) erfassen. Dazu habe ich das cDAQ-Chassis 9174 + das AI-Modul 9229 im Einsatz.
Leider ist es nun aber so, dass das erfasste und in LV angezeigte Signal deutliche Peaks an den Flanken aufweist! Diese sind in der Realität aber gar nicht vorhanden, wie die Messung mittels zweier unterschiedlicher Oszilloskope sowie einer NI PCI-6229-Karte zeigt! Alle Messeinrichtungen sind momentan parallel angeschlossen, d.h. wenn's irgendwelche Einstreuungen von außen gäbe, müssten die durch jede Messhardware erfasst werden.
Was läuft da falsch?
Hier mal einige Bilder der Signale:
Gemessen mit einer PCI-6229 + CB-68LPR
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Gemessen mit dem cDAQ-9174 + NI 9229
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Vergleichsmessungen mit TEK TDS 210 und TEK TDS 3052B
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EDIT: Ich hab's auch mal
hier gepostet!
Seltsam: Das Überschwingen beginnt z.T. vor dem Sprung, und nicht hinterher. Sieht nach Manipulation im Offline Modus aus - denn nur dort ist es möglich, in die Zukunft zu schauen (dass gleich ein Sprung kommen wird).
Hi
Auszug aus den Spezifikationen der 9229: "Simultan abgetastete Eingänge mit 50 kS/s pro Kanal".
Ich denke Du hast eine Problem mit der Bandbreite.
Gruß Holger
(19.06.2011 12:28 )BNT schrieb: [ -> ]Ich denke Du hast eine Problem mit der Bandbreite.
(Sorry das ich mich erst jetzt melde...musste dringend mal ne Woche Urlaub machen!)
Hi Holger,
was meinst du damit?
Das ist ein Signal mit ca. 250 Hz, und abgetastet wird es mit (momentan) 25kHz...bis 50kHz sind mit dem Modul möglich!
Gruß
Achim
Hi Achim
das Rechtecksignal mag ja eine niedrige Frequenz haben, aber die Flanke ist sehr steil.
Um eine rechteckige Flanke korrekt zu messen und abzubilden, müsstest Du mit einer unendlichen Bandbreite messen. Mach mal eine Fourier-Transformation eines Stufensignals.
Da Du mit der beschränkten Bandbreite misst, kannst Du auch nur endlich viele Fourier-Komponenten (sin(n*f*t)) berücksichtigen. Daraus resultieren die Vor- und Nachschwinger, die also ein Artefakt der endlichen Bandbreite der Messung sind. Die Oszilloskope, die Du verwendet hast, haben eine Bandbreite >100MHz.
Edit: Ich habe ein VI zur Illustration angehängt.
Gruß Holger
Hi Holger,
danke für die Infos!
Ich hatte inzwischen auch mit NI Kontakt, da kam ungefähr die gleiche Erkenntnis raus! Der Grund für die Schwinger liegt wohl beim Wandlungsprinzip des NI-9229, das arbeitet mit Delta-Sigma-Wandlern. Das Prinzip dieser Wandler ist mir noch nicht richtig klar, es ist für die Erfassung von sehr steilen Flanken aber nicht so doll geeignet...wie man sieht! Das Modul hat dann bei bei der maximalen Abtastrate von 50kHz eine Bandbreite von 24,56kHz, wenn ich die Spec richtig lese.
Die Erfassung mit der PCI-6229 mit "normalem" ADC sieht deswegen so gut aus, weil diese Karte eine "small signal bandwidth" von 700kHz hat, also deutlich mehr Harmonische "mitnimmt".
Und natürlich hast du recht, die Oszis haben 60 MHz bzw. 500 MHz Bandbreite, da ist die Darstellung noch viel sauberer!
Ich hab ehrlich gesagt bisher keine Erfahrung mit diesen Modulen bzw. mit Delta-Sigma-Wandlern...ich bin auf die NI-Seite gegangen und hab per Assistent nach Komponenten mit Eingangsspannung >10 V + Simultanabtastung + USB bzw. compactDAQ gesucht...tja, das war ein Reinfall! Jetzt muss ich sehen, wie man weitermacht...
Das Problem ist: Ich muss das gemessene Spannungssignal exakt über einem Weg (= anderes Analogsignal) darstellen, es handelt sich aber um einen Automotive-Sensor mit mehr als 10VDC Versorgungsspanung bzw. Ausgangsspannung...Die Verwendung eines Spannungsteilers ist aber schwierig, weil die Eingangsspannung während der Tests variabel (8-16V) ist.
Es gäbe als "Alternative" das NI-9221, dass verträgt ebenfalls 60V Eingangsspannung...allerdings kann das kein "Simultaneous Sampling". Ich hätte also immer einen Zeitversatz zwischen den Kanälen. Und je nachdem, wie schnell sich das Wegsignal ändert (das ist frei vom Benutzer defnierbar), wären die Signale mehr oder weniger unsynchron!
Die andere Alternative wäre die software-seitige nachträgliche Filterung des mit dem 9229 erfassten Signals (ich hab's mit nem FIR-Filter recht gut hinbekommen), allerdings verändert man damit natürlich das Originalsignal, d.h. man kriegt ein Delay (weniger schlimm) bzw. weniger steile Flanken (schlimmer).
Was ist jetzt schlechter? Ich weiß es nicht...hat jemand ein paar erhellende Kommentare?
Gruß
Achim
(20.06.2011 10:31 )BNT schrieb: [ -> ]Da Du mit der beschränkten Bandbreite misst, kannst Du auch nur endlich viele Fourier-Komponenten (sin(n*f*t)) berücksichtigen. Daraus resultieren die Vor- und Nachschwinger, die also ein Artefakt der endlichen Bandbreite der Messung sind.
Das angefügte Beispiel simuliert ein ideales Tiefpassfilter mit unendlicher Filtersteilheit und keiner Signalverzögerung. Ein solches Fiilter funktioniert grundsätzlich nur mit Offline-Daten, so wie es im Beispiel auch der Fall ist: Die Daten werden zuerst vollständig erzeugt und dann gefiltert.
Im realen Leben, d.h bei online- Verarbeitung, um die es sich hier doch handelt, gibt es solche Filter aber nicht. Wegen des Kausalitätsgesetzes ( - Reaktion am Ausgang erst, nachdem sich am Eingang etwas getan hat -) lassen die sich leider nicht so realisieren, wie es ideal wäre.
Wahr ist aber auf alle Fälle, das ein steiles TP-Filter, wenn das bei dem Sigma-Delta-Wandler zum Einsatz kommen sollte, bei sprunghaften Änderungen Überschwingen verursachen kann.
Hi
noch eine letzte Stellungnahme zu diesem Thema, und dann ist aber genug. Wer es genauer wissen will, möge sich mit der einschlägigen Lietratur beschäftigen.
Es stimmt, dass Messgeräte nicht in die Zukunft blicken können. Aber:
Kein Messgerät ist ideal. Jedes elektrotechnische Messgerät verarbeitet das Eingangssignal in einer Eingangsstufe. Im einfachsten Fall ist es die (parasitäre) Kabelkapazität. Diese Kapazität wird umgeladen, wenn sich das Signal ändert. Dabei fließt ein Strom, und mit U=R*I ändert sich die reale Spannung am Eingang anders als das ideale erwartete Signal, sogar bevor das ideale Signal, z.B. eine Sprungfunktion, eine Änderung zeigt. Wir leben halt in einer realen Welt.
Ein Tsunami kann als Vergleich herhalten, gilt aber auch für kleine Wellen. Zuerst zieht sich das Wasser von der Küste zurück, um danach als große Welle über das Land zu fließen. Warum zieht sich das Wasser erst zurück? Die Welle erhebt sich deutlich über Normalnull. Dieses Volumen muss von irendwo gefüllt werden. Genau das Wasser das sich zurückzieht hilft beim Füllen des Wellenbergs.
Gruß Holger